Christiane Hawranek (Autorin) und Nadine Ahr (Autorin) Bayerischer Rundfunk, Redaktion: Hörspiele/Dokumentation/Medienkunst BR 2, verantwortliche Redakteurin Ulrike Ebenbeck
Begründung der Jury
„Die gefallenen Mädchen“, eine crossmediale Reportage von Christiane Hawranek und Nadine Ahr, führt uns mitten hinein in den Innenraum einer beschämenden Welt des Handels mit Kindern unverheirateter Mütter. Sie berichtet von verbohrten Eltern, von eingeschüchterten jungen Frauen, von Familienschande und Bann, von Geldmacherei und unverhohlener Verachtung gegenüber ledigen Müttern noch in den 80er Jahren des vergangenen Jahrhunderts.
Kaum zu glauben, dass diese Vergangenheit noch keine dreißig Jahre her ist – lange nach der offiziellen Zulassung der Pille.
Die beiden Reporterinnen – Nadine Ahr arbeitet für „Die Zeit“, Christiane Hawranek für den BR – haben sich in der Evangelischen Journalistenschule kennengelernt und befreundet. Sie arbeiten seitdem immer wieder zusammen. Beide haben dort einen höchst verantwortungsvollen, sensiblen und reflektierten Journalismus gelernt. Und dies ist das Geheimnis, warum Menschen mit ihnen reden, die jahrelang geschwiegen haben. Ein dreiviertel Jahr hat es gebraucht, diese Reportage zu verfertigen.
Die Reporterinnen haben Archive durchwühlt, Zeitzeuginnen gesucht, Jugendämter und Adoptionsstellen befragt. Und es eröffnete sich ein grauer Markt für die Kinder ungewollt schwangerer junger Frauen. Die Kinder, die dort vermittelt wurden, sind heute kaum älter als die Reporterinnen.
Die dreiteilige Radioserie schildert nicht nur den Verlauf einer solchen Zwangsadoption, sie schildert auch eindrücklich die lebenslangen Folgen, die ein solch gewaltsamer Eingriff in das Leben dieser Frauen bedeutete.
Am Ende, ja: Ganz am Ende erfährt der Radiohörer auch noch, dass die Recherche und die Ausstrahlung die Folge hatte, dass eine Mutter ihren Sohn wiedergefunden hat.
Eine wichtige, fesselnde und aufrüttelnde Radioreportage, die – ganz im Sinne Robert Geisendörfers – Stummen Stimme leiht.