LAURA URIBE (Autorin) und FRIEDERIKE WIGGER (Regie), Deutschlandfunk Kultur, Redaktion: Feature | Hörspiel | Radiokunst, verantwortliche Redakteurin: Barbara Gerland
Begründung der Jury
In "Campo" erzählt die mexikanische Journalistin, Regisseurin, Autorin und Künstlerin Laura Uribe die Geschichte der „Rastreadores“, mexikanischen Frauen auf der Suche nach ihren Angehörigen, die von Kartellen verschleppt, umgebracht und verscharrt wurden. Trotz oder wegen der geringen Hilfe und Unterstützung, die sie von den lokalen Behörden bekommen, suchen die Frauen Knochen von geliebten Menschen selbst, mit Hacke, Schaufel, Drohnen und dem Wunsch, sich verabschieden zu dürfen.
Aber nicht nur das ergreifende Thema, die Recherchetiefe und der verantwortungsvolle Umgang mit den Geschichten der Protagonist:innen machen "Campo" zu einem besonderen dokumentarischen Stück, sondern auch die Umsetzung. Das dokumentarische Hörspiel verbindet unter der Regie von Friederike Wigger Spielszenen eines starken deutschen Schauspielensembles mit treffenden, beklemmenden Beschreibungen und Originaltönen aus Laura Uribes Begleitung der Suchaktionen. In der Mischung aus dokumentarischen und fiktionalen Teilen entsteht so ein Bericht, der atmosphärisch und mitreißend, erschreckend und drastisch, dabei aber nie voyeuristisch oder überbordend urteilend ist. Eine Tatsache, die auch dem klar herauszustellenden Reflexionslevel der Autorin zu verdanken ist: „Ich habe mich gefragt, wie ich es verdammt noch mal hinkriegen sollte, dass deutsche Schauspieler diese Texte sprechen? Sie haben doch keinen Schimmer, was es heißt, nach Leichen zu suchen. […] Was gibt einem das Recht, über etwas zu sprechen?“ Mexiko sei „ein fruchtbares Land. In Mexiko sät man Körper“. – Der kurze Moment des Einblicks in eine grausame Welt aus Leid, Pragmatismus und Stärke, der "Campo" ist, lässt verstört zurück. Aber auch fasziniert von der Resilienz der "Rastreadores", die hier endlich ein Stück weit die Aufmerksamkeit bekommen, die sie verdienen.