Der Sonderpreis der Jury 2004 geht an den Autor und Regisseur Jo Baier.
Begründung der Jury
Mit einer besonderen Auszeichnung würdigt die Jury des Robert Geisendörfer Preises alljährlich eine Persönlichkeit, die das Fernsehprogramm in herausragender Weise geprägt hat. Im Jahr 2004 ist die Wahl auf den 1949 geborenen Autor und Regisseur Jo Baier gefallen, dessen Filme gehören nun schon seit Jahrzehnten sowohl von Publikum als auch von Kritik weithin beachteten Höhepunkten der deutschen Fernsehprogramme.
Kennzeichnende Eigenschaften seiner Fernseharbeit sind Jo Baiers genaue und einfühlsame Beobachtungsgabe, aber auch seine handwerklichen Präzision und sein künstlerischer Stilwille. Dazu hat ihn nicht nur sein mit der Promotion abgeschlossenes Studium – Theaterwissenschaften, Germanistik, Anglistik – befähigt, sondern auch seine frühe und langjährige Mitarbeit als Aufnahmeleiter, Tonmann und Kameraassistent beim Bayerischen Fernsehen. Seit 1976 drehte er über 60 Dokumentationen für Reihen wie Unter unserem Himmel, darunter viele Produktionen, die dem oft eher gering geschätzten Genre „Heimatfilm“ dank ihrer formalen Qualität und ihrer inhaltlichen Aussagekraft zu neuem Ansehen verhalfen.
Dieser Bewährung in den leider weithin vernachlässigten, aber für die Nachwuchsförderung überaus wichtigen „kleinen Formen“ des Fernsehprogramms verdankt Jo Baier seinen ersten Auftrag für einen Spielfilm. Nach einer Geschichte, die ihm einmal eine Bäuerin erzählt hatte, schrieb er 1983 das Drehbuch zu Rauhnacht, einem Film, dessen ländliches Milieu und dessen von der Kargheit ihrer Existenz geprägten Menschen die Arbeiten Baiers in den folgenden Jahren bestimmen. Um nur einige Titel in die Erinnerung zu rufen: Schiefweg, Hölleisengretl, Wildfeuer, Der Weibsteufel, Verlorenes Land.
Wollte man Jo Baier literarisch einordnen, könnte man sein Filmdrama Schwabenkinder (2003) wegen dessen dramatischer Eindringlichkeit, aber auch dank der darin liebevoll porträtierten Menschen am ehesten mit Adalbert Stifters berühmter Novelle Bergkristall vergleichen.
Doch wäre es zu wenig, Jo Baier allein unter dem heimatlich-alpenländischen Aspekt zu würdigen. Dass er auch ganz anderen Lebenswelten gerecht werden und diese faszinierend ins Bild setzen kann, hat er mit seiner mehrteiligen Verfilmung von Erwin Strittmatters Der Laden bewiesen, aber auch mit seinem Stauffenberg-Porträt. Wieder sind es Qualitätsmerkmale wie die präzise Beobachtungsgabe eines Milieus, das einfühlsame Porträtieren von Menschen, die dramaturgische Konsequenz, von denen der Zuschauer sich überzeugen lässt. Und das gilt ebenso für Wambo, ein Film über das Leben und Sterben des Münchner Schauspielers Walter Sedlmayer, der für viele an die Grenzen des im Fernsehen Zeig- und Machbaren führte.
Jo Baier als noch nicht Sechzigjährigen für sein Lebenswerk auszuzeichnen, darf keinesfalls als abschließende Würdigung missverstanden werden. Vielmehr möchte die Jury ihn selbst, aber auch die Fernsehverantwortlichen dazu ermutigen, auf dem bisherigen Weg weiterzugehen: Bewährtes zu pflegen, Neues zu wagen und dem Publikum zuzutrauen, dass es Jo Baier und seiner Arbeit weiter mit Sympathie und Zustimmung folgt. Denn seine Filme sind der beste Beweis dafür, dass Qualität und Quote einander nicht ausschließen müssen.