Landesbischof Dr. Ulrich Fischer, Vorsitzender der Jury „Allgemeine Programme“
Preise „Allgemeine Programme“
Es ist mir eine Freude, Sie zur nunmehr 25. Verleihung des Robert Geisendörfer Preises begrüßen zu dürfen. Zunächst möchte ich Ihnen, verehrter Herr Professor Fuchs, ganz herzlich danken, dass Sie heute unsere Gastgeber sind. Wir freuen uns sehr, dass die Evangelische Kirche mit ihrem Medienpreis nun innerhalb von zwei Jahren wieder Gast im BR sein darf. Wir danken Ihnen sehr herzlich für die großzügige Unterstützung und schon jetzt für die anschließende Einladung zum Buffet.
Der Robert Geisendörfer Preis – der herausragende publizistische Leistungen deutscher Hörfunk- und Fernsehsender auszeichnet – wird nunmehr seit 25 Jahren vergeben. Wir feiern heute also auch ein kleines Jubiläum, sozusagen silberne Preisverleihung. Der Geisendörfer-Preis wird im Gedenken an den christlichen Publizisten Robert Geisendörfer verliehen, der sich als Fernsehbeauftragter des Rates der EKD und als Gründungsdirektor des Gemeinschaftswerks der Evangelischen Publizistik in vielfältiger Weise um den Rundfunk verdient gemacht hat.
Ich freue mich ganz besonders, die Tochter von Robert Geisendörfer, Dr. Ursula Böning-Geisendörfer, heute hier begrüßen zu dürfen.
Meine Damen und Herrn, viele von Ihnen wissen es, jedes Jahr erneut laden wir die Sender ein, uns Produktionen einzureichen, „die einen besonderen Beitrag zur gesellschaftlichen Kommunikation leisten“. Preise zu vergeben setzt eine konzentrierte Arbeit der Jury voraus. Zuerst einmal ist da die Vorauswahl-Jury. Sie hat uns – der Endauswahl-Jury – als Ergebnis ihrer mühevollen Tag- und Nachtarbeit mit acht bzw. neun Nominierungen in den Kategorien Hörfunk und Fernsehen eine Liste preiswürdiger Produktionen vorgelegt.
Den kenntnisreichen, sorgfältigen und auch kritischen Jurorinnen und Juroren möchte ich ganz herzlich danken. Es sind dies: Sybille Simon-Zülch, freie Journalistin, Dr. Volker Lilienthal, epd medien, und Dr. Joachim Huber vom Tagesspiegel.
Aus den sehr überzeugenden Nominierungen hat dann die Jury am Ende intensiver, kontroverser und verantwortungsvoller Beratungen die Preisträger ermittelt. Übrigens, Berichte aus der Juryarbeit können Sie in der nächsten Ausgabe von epd medien nachlesen, die am Freitag erscheint.
Nun möchte ich Ihnen gerne die Mitglieder der Endauswahl-Jury vorstellen: Oberkirchenrätin Heide Emse für die Nordelbische Evangelisch-Lutherische Kirche, Oberkirchenrat Detlev Bierbaum, Evangelisch-Lutherische Kirche in Bayern, Jörg Bollmann, Direktor des Gemeinschaftswerks der Evangelischen Publizistik, Johanna Haberer, Professorin für Christliche Publizistik, Ingrid Scheithauer, Publizistin, die Fernsehkritikerin Klaudia Wick, Manfred Jenke, ehemaliger WDR-Programmdirektor Hörfunk und Professor Christoph Lindenmeyer vom Bayerischen Rundfunk.
Organisiert wird der Preis im Gemeinschaftswerk der Evangelischen Publizistik von Claudia Cippitelli, die die Geschäftsführung des Preises wahrnimmt.
Verehrte Gäste, der öffentlich-rechtliche Rundfunk – Fernsehen wie Radio – muss sich dieser Tage häufig infrage stellen lassen. Das Internet, so heißt es allerorten, schicke sich an, mit neuen, individuelleren Nutzungsangeboten und der Möglichkeit einer weltweiten Vernetzung den alten Leitmedien den Rang abzulaufen. Wozu, fragen deshalb die Internet-Anhänger, braucht es noch das Fernsehen, wenn sich jeder bei „you tube“ sein eigenes Programm zusammenstellen kann? Wozu braucht es noch ein Qualitätsradio, wenn „Google“ viel schneller die Nachrichten recherchiert? Der Schritt vom passiven Zuschauen zum aktiven Nutzen, vom untätigen Zuhören zum selbstbestimmten Downloaden ist einfach und verführerisch. Ja, wozu dann noch der ganze Aufwand für einen gemeinnützigen Rundfunk? Für etwas, das sich nicht so einfach von jedem Einzelnen mit einem Mausklick aus dem Netz herunterladen lässt, weil es aus Prinzip eine größere Gemeinschaft braucht? Aber genau darin liegt ja auch die Chance - die Möglichkeit zur Sinnstiftung.
Das kann eine ganz grundsätzliche und zugleich pragmatische Angelegenheit sein, wenn zum Beispiel der WDR seine vielen verschiedenen Programmflächen in Hörfunk und Fernsehen über einen längeren Zeitraum hinweg dazu nutzt, ein fast vergessenes Thema – Contergan – wieder ins Bewusstsein der Allgemeinheit zu rücken. Das kann auch ganz leichtfüßig und undramatisch daherkommen, wenn zum Beispiel Jo Baier und Matthias Watzke uns in ihrem Fernsehspiel „Das letzte Stück Himmel“ eine Antwort auf die Frage geben, warum das Leben lebenswert ist. Es kann so schlicht und glaubensfest sein, wie Benedikt Fischers Liebeserklärung an seine alten Eltern, so reflexiv und paradigmatisch wie Karla Krauses Radiofeature über eine tödliche Genkrankheit oder so weltumspannend und scharfzüngig wie das Hörstück „Weltgerechtigkeitsbazar“. All diese Stücke, die wir in diesem Jahr mit dem Robert Geisendörfer Preis auszeichnen, waren auf ihre Art unbequeme, aber wichtige Beiträge zur aktuellen gesellschaftlichen Selbstvergewisserung: Wie wollen wir leben? Sie würden bei einem Popularitätsranking, wie es das Internet häufig anbietet, wohl kaum ganz oben landen, denn sie fordern Konzentration, regen zum Nachdenken an, zum Weiterdiskutieren, zum Mitfühlen. Diese Stücke, so unterschiedlich sie sein mögen, sind alle nicht zum „Zurücklehnen“ gedacht, sondern zum „Vorbeugen“ und „Mitmachen“ – um einmal jene Zuschreibungen zu benutzen, die gemeinhin mit dem Internet verbunden werden.
Das spezifische Anliegen des Medienpreises der Evangelischen Kirche besteht darin, auf Sendungen aufmerksam zu machen, „die das individuelle und soziale Verantwortungsbewusstsein stärken, die zum guten Miteinander von Einzelnen, Gruppen und Völkern und zur gegenseitigen Achtung der Geschlechter beitragen“. So steht es in den Statuten. Dieser Anspruch gilt mit Sicherheit für alle Preisträgerinnen und Preisträger des diesjährigen Wettbewerbs – und in seinen Möglichkeiten der Sinnstiftung auch für das Medium Fernsehen insgesamt.