Autoren Anja Kömmerling und Thomas Brinx und Regisseurin Sibylle Tafel. HR 2008 (Redaktion: Familie, Bildung, Service)
Begründung der Jury
„Kinder brauchen Märchen“, wusste der große Psychologe Bruno Bettelheim, Jahrhunderte nach den Brüdern Grimm zwar, aber Jahrzehnte vor Joanne K. Rowling. Und wer der Meinung ist, in Zeiten der digitalen Effektezauberei könne man mit vermeintlich altmodischen Geschichten kein Kind mehr hinter dem Ofen hervorlocken, den hat die ARD mit ihren Märchenfilmen eines Besseren belehrt. „König Drosselbart“ zeigt dabei auf herausragende Weise, wie man einen Klassiker moderat modernisiert und einer bekannten Geschichte außerdem noch neue Seiten abgewinnt: Anders als bei den Brüdern Grimm verliert die widerspenstige Prinzessin zwar ihren Hochmut, aber zähmen lässt sie sich nicht. Sie darf ihre emanzipative Rolle also behalten; eine pädagogisch enorm geschickte Lösung, um das konservative Geschlechterbild zu konterkarieren. Der Titelheld wiederum muss einsehen, dass man Menschen nicht nach eigenem Gutdünken verändern darf; eine völlig verdiente Ohrfeige unterstreicht den Lernprozess.
Ohnehin bieten die beiden Hauptfiguren viel Projektionsfläche, und das keineswegs nur für junge Zuschauer; „König Drosselbart“ ist Familienfernsehen in seiner vorbildlichsten Form. Neben einer sorgfältigen Inszenierung, die ein überschaubares Budget optimal ausgeschöpft hat, imponiert der Film vor allem durch seine beiden Hauptdarsteller: Während Ken Duken seinen Prinzen männlich markant spielt, ist Jasmin Schwiers eine entzückende Prinzessin, die aber natürlich erst mal lernen muss, ihre Arroganz zu überwinden. Mit der von Felicitas Woll verkörperten Schwester des Prinzen hat das Autoren-Team zudem eine Figur erschaffen, die für ein modernes Frauenbild steht und all das aussprechen darf, was nicht im Märchen steht. Ein Film, der in jeder Hinsicht Lust auf Fernsehen macht.