Johannes Nichelmann und Nikolai von Koslowski. WDR 2013, Redaktion: Radiokunst/Feature, verantwortl. Redakteurin: Leslie Rosin
Begründung der Jury
Herr Urbach ist Netzaktivist und mag eigentlich keine Menschen. „Die atmen einem die Luft weg“, sagt er. Aber Herr Urbach wird zu einer wichtigen Figur im Arabischen Frühling. Er sichert gemeinsam mit seiner Gruppe „Telekomix“ die Netzverbindungen des politischen Widerstands in Ägypten und Syrien und kommt dabei den Menschen, ihren Träumen, Wünschen und Hoffnungen auf eine geschwisterliche Welt so nahe, dass er sich dem Sog dieser Revolution und ihrem Scheitern nicht mehr entziehen kann. Es wird seine große Stunde und seine große Niederlage.
Das Feature des Nachwuchsjournalisten Johannes Nichelmann, der am Beispiel von Stephan Urbach eine ganze Kommunikationsgeneration porträtiert, führt den Hörer – dank einer genialen Regie – bedrängend nahe in die scheinbar unsinnliche Online-Welt. Es lässt dabei etwas von der Vision einer vernetzten Welt ahnen, lässt die Unterscheidung von Online und Offline schmelzen und bürdet dem Hörer die Verantwortung und die Hilflosigkeit auf, die sich ausbreitet, wenn die Bewohner des Chatrooms „Syrien“ mit einem Mal stumm sind: Sie leben nicht mehr.
Es ist dem Team aus Autor (Johannes Nichelmann) und Regie (Nikolai von Koslowski) eindrücklich gelungen, die Netzwelt hörbar zu machen und zu zeigen, dass wir Menschen in dieser grenzenlosen Kommunikation lernen müssen, Verantwortung neu zu buchstabieren und die eigenen Grenzen neu zu definieren.
Das Feature entzaubert die Allmachtfantasien rund um das Internet. Und wir verstehen, dass die technische Eroberung dieses neuen virtuellen Landes nur eine Seite, eine ganz andere ihre zwischenmenschliche und moralische Bewältigung ist. Hier sind auch Computerfreaks naive Anfänger.