V13 – Die Terroranschläge

LEONHARD KOPPELMANN (Regisseur), Südwestrundfunk, Redaktion: Hörspiel und Feature, Podcast nach dem Buch von Emmanuel Carrère, Verantwortlicher Redakteur: Manfred Hess

Henning Kretschmer/Geisendörferpreis
Preisträger Leonhard Koppelmann

Begründung der Jury: 

Neun Monate dauerte in Paris der Prozess gegen die Mittäter der Attentate vom 13. November 2015. Das tragische Geschehen jener Nacht, in der 130 Menschen auf Straßen, in Bars und im Musikclub Bataclan brutal ermordet wurden, hat sich unter der Chiffre V13 (Freitag, der 13.) ins kollektive Gedächtnis der Franzosen eingebrannt. Der französische Schriftsteller Emmanuel Carrère hat den Prozess für den „Nouvel Observateur“ verfolgt und jede Woche eine Kolumne darüber verfasst. Aus dem Tatsachenroman „V13“, der daraus entstand, hat der Hörspielregisseur Leonhard Koppelmann einen achtteiligen Podcast gemacht. 

Mit dramaturgischem Klarblick hat Koppelmann die Schilderungen von Carrère verdichtet und inszeniert. Sein kleines Ensemble, bestehend aus Ulrich Matthes, Maren Eggert, Constanze Becker und Alexander Simon, erzählt ohne melodramatische Übertreibungen von den Lebens- und Todeserfahrungen. Die Schilderungen der Überlebenden sind bedrückend, doch die Sprecherinnen und Sprecher setzen dem wahnhaften Fanatismus, über den hier verhandelt wird, Stimmen der Vernunft entgegen. Die minimalistische Komposition von Zeitblom mit ihren zurückhaltenden Soundakzenten trägt zur Konzentration auf das Wesentliche bei. 

So eröffnet sich ein Reflexionsraum, in dem es nicht nur um die Rekonstruktion der Attentate geht und darum, wie brutaler religiöser Fanatismus freie Gesellschaften bedroht. Der Podcast verschränkt spannungsreich Investigation und Detektion. Er deckt den biografischen Werdegang der Terroristen auf, die weiten Wege und Umwege zwischen ihren Herkunftsländern und Europa, die folgenreichen Zufallstreffen und taktischen Verbindungen. Er lässt uns teilhaben am Bemühen der Justiz, mit Hilfe des Prozesses Gerechtigkeit herzustellen und die schwere Wunde, die der Gesellschaft zugefügt wurde, zu heilen. Den Hörerinnen und Hörern ermöglicht er ebenso wie den Teilnehmenden und Beobachtern des Prozesses die tiefgreifende, kathartische Erfahrung geteilter Trauer.