Christian Hinkelmann und Sharon Welzel (Autoren) Auschwitz-Stolpersteine. Stolpern gegen das Vergessen, NDR/N-Joy 2015, Redaktion: Philipp Goewe in Zusammenarbeit mit Studierenden der Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg
Begründung der Jury
Heinz-Jakob Schumann berichtet: „Die Alten und Gebrechlichen auf die rechte Seite, da hat man nicht geahnt, dass die gleich vergast werden. Ein Klarinettist, ein Tscheche, der ist zu Mengele gegangen und hat gesagt, Herr Obersturmführer, kann ich nicht zu meinen Eltern? Ich werde dieses Grinsen nicht vergessen: Der hat gesagt, natürlich kannst du zu deinen Eltern. Dann ist der zu seinen Eltern und gleich mit in die Gaskammer marschiert.“
N-JOY, das Radioprogramm des NDR für junge Hörerinnen und Hörer, lässt Menschen wie Heinz-Jakob Schumann und seine Leidensgenossen, die das Vernichtungslager der Nationalsozialisten in Auschwitz überlebt haben, zu Wort kommen. Eine Woche lang, immer wieder, ohne Vorankündigung, ohne Anmoderation, nur mit einem kleinen Produktionselement von der laufenden Musik getrennt.
N-JOY erinnert so rund um den 70. Jahrestag der Befreiung des Lagers an die 1,2 Millionen Menschen, die in Auschwitz grausam und systematisch ermordet wurden – vergast, verbrannt, zu Tode gefoltert. Oder zu sinnloser Schwerstarbeit gezwungen: Wie Esther Bejarano, die schwere Steine von einem zum anderen Feld schleppen musste und am anderen Tag wieder zurück – nach der SS-Devise ‚Vernichtung durch Arbeit‘.
Die Schilderungen der Überlebenden wirken wie Stolpersteine im formatierten Programmfluss, lassen sich nicht überhören. So wenn Anita Lasker-Wallfisch vor Augen führt, dass normale Leute zu „stinkenden Schweinen“ werden, wenn sie ohne eine Toilette drei, vier Tage in Eisenbahnwaggons eingepfercht waren. „Wir waren derart entwürdigt, da war es nicht so schwer, uns zu ermorden.“ N-JOY hat im Rahmen der ARD-Spendenaktion zugunsten der Erinnerungsstiftung Auschwitz-Birkenau Menschen eine Stimme gegeben, Stimmen, die nie verhallen dürfen. Den jungen Hörerinnen und Hörern wurden Stolpersteine in ihr Hörfunkprogramm gerollt, und so wurde ihnen Gelegenheit geboten, sich mit dem Holocaust auseinanderzusetzen.