Autorin Helga Dierichs und den Regisseur Nikolai von Koslowski. NDR Info 2004 (Redaktion: Das Feature)
Begründung der Jury
Das Leiden und Sterben einer jungen Frau an ihrer Magersucht, die Vergeblichkeit aller mitmenschlichen Hilfsbereitschaft und das Scheitern ärztlicher Kunst angesichts der von der Patientin als ausweglos empfundenen Gefangenschaft in ihrer Krankheit werden in dem vom Norddeutschen Rundfunk produzierten Feature Vergitterte Welt. Katrin L.: Die Geschichte einer Magersucht sensibel und eindringlich dokumentiert.
Die Autorin Helga Dierichs hat eine über sechs Jahre sich hinziehende Leidens-geschichte recherchiert und berichtet darüber nicht ohne Mitgefühl, doch frei von Larmoyanz. Sie verzichtet auf medizinische Ursachenforschung. Sie beschreibt vielmehr den – wie sich am Ende zeigt – tödlichen Verlauf der Krankheit und die beharrlichen und geduldigen Versuche der Familie um die Rettung ihrer Tochter Katrin vor einer für alle Beteiligten rational nicht fassbaren Bedrohung durch dämonische Kräfte.
„Es war, als ob sich ein Geist zwischen uns gedrängt hätte, ein Wesen mit ungeheurer negativer Macht“, zitiert Helga Dierichs aus dem Buch einer kanadischen Psychologin über eigene Erfahrungen mit ihrer an derselben Krankheit, der Anorexie, leidenden Tochter. Und Katrins Mutter erkennt das eigentliche Problem ihrer Tochter im „Selbsthass wegen mangelnder Perfektion“. Die Hoffnung auf ärztliche Hilfe, auf irgendeine wirksame Psychotherapie bleibt vergeblich. Trostlos endet das Leben der 18-Jährigen.
Die Auszeichnung mit dem Robert Geisendörfer Preis verdient diese Sendung nicht nur deshalb, weil sie beim Zuhören Anteilnahme und Mitgefühl weckt, sondern weil sie angesichts des unaufhaltsamen körperlichen und seelischen Verfalls eines Menschen Respekt vor dessen auf Erden ausweglosem Schicksal erzeugt. Das ist nicht zuletzt Verdienst des Regisseurs Nikolai von Koslowski, der es verstanden hat, eine Vielzahl von Gedichten der jungen Katrin L. in die Sendung so einzufügen, dass aus diesen Texten das Porträt eines Menschen entsteht, von dem sich – Shakespeares Ophelia zitierend – sagen ließe: „Welch’ ein edler Geist ist hier zerstört.“