Holger Böhme (Autor), Stefan Kanis (Regie), Eva Löbau (Darstellerin), Devid Striesow (Darsteller) für Die meisten Afrikaner können nicht schwimmen. MDR 2016, Redaktion: Künstlerisches Wort – Hörspiel
Begründung der Jury
Was soll so ein junges, wohlmeinendes, in jeglicher Hinsicht gut ausgestattetes Paar schon zu sagen haben, wenn es in einer dieser modischen Beichtsendungen, die heute im Fernsehen und Radio so beliebt sind, von sich erzählt? Und doch werden Sonja und Oliver, die beiden schäkernden, ihre Verliebtheit allzu deutlich ausstellenden Protagonisten ihre Hörer in der nächsten Stunde mit ihren Bekenntnissen schockieren: Sie haben bei einer Yachttour im Mittelmeer erst drei afrikanische Flüchtlinge in Seenot aufgenommen und dann dieselben Menschen mit der hübschen Yacht absichtlich auf ein Riff auflaufen lassen, nachdem sie sich selbst rechtzeitig in Sicherheit gebracht hatten.
„Es war Notwehr“, behaupten Sonja und Oliver. Und wie Autor Holger Böhme in einer knappen Stunde dieses so um sich selbst kreisende Paar und seine Vorurteile skizziert und zugleich demaskiert, mit herrlich kurzen, manchmal halben, oft fast inhaltsleeren Sätzen, das ist große Hörspielkunst. Scheinbar geht es nicht voran mit der Beichte, aber der Ton wechselt blitzschnell von kokett zu spitz, Aggressionen werden spürbar und Frust, es bröckelt der Firnis der Zivilisation. Solche Dialoge hat man lange nicht gehört, so scheinbar harmlos und doch so fein, perfide und entlarvend.
Stefan Kanis hat dieses 50-minütige Hörspiel dicht und zugleich leicht inszeniert, er sorgt für Spannung in jeder Sekunde. Eva Löbau und Devid Striesow jonglieren lustvoll mit den Texten, temporeich, virtuos. Fast könnte man meinen, sie improvisierten, so realistisch ist ihr Spiel. Sie kosten jede Nuance aus, das leichte Geplapper, das Angenervte, das unterschwellig Lauernde. Mühelos gehen sie auf den Text ein und machen das Hörspiel zu einer Komposition, die in ihrer schillernden Vielschichtigkeit ihresgleichen sucht.