Autor und Regisseur Dieter Oeckl. RTL / AZ Media-TV
Begründung der Jury
Ein Beispiel für die hervorragende journalistische, konzeptionelle und gestalterische Qualität, die mit dem Robert Geisendörfer Preis gewürdigt werden soll, ist die von RTL im Umfeld der Berichterstattung der Bundestagswahl am 22. September 2002 um 23 Uhr ausgestrahlte große Reportage „Der Menschenfänger – Die Macht der Fotos von Jupp Darchinger“. Kein Alltagsprogramm für einen privaten Fernsehsender, gewiss. Aber ein wohlgelungenes Beispiel dafür, wie das an diesem Tag vorhandene Interesse an Politik vertieft werden kann auf die Geschichte von fünf Jahrzehnten Bundesrepublik und sich fokussieren lässt auf die Person eines Menschen, der diese Zeit miterlebte und an dem Bild, das wir uns von ihr machen, großen Anteil hat. Jupp Darchinger, dessen Leben und dessen Arbeit uns in dieser Sendung nahegebracht werden, ist mehr als ein Bonner Fotojournalist. Er ist der fotografische Chronist der Bonner Politik seit den 50er Jahren bis in die Gegenwart, und die Bilder, die er von den prominenten Akteuren, aber auch von den Statisten auf dieser Bühne gemacht hat, haben heute den Rang historischer Ikonen. Sie gehören zur Erinnerung aller Menschen, die – wie Darchinger – diese Jahre miterlebt haben.
Der Film von Dieter Oeckl ruft diese Bilder ins Bewusstsein zurück und nähert sich dem Menschen, der sie gemacht hat, mit journalistischem Gespür, aber auch mit menschlicher Anteilnahme und ohne falsche Verehrung oder Lobhudelei. Er lässt den Porträtierten so offen und unverblümt reden, wie es seinem Naturell entspricht und vermittelt dadurch Nähe und Verständnis. Er lässt Einblicke in die Werkstatt und in die Familie zu, ohne jemals indiskret zu werden. Dieter Oeckl hat es fertig gebracht, das schwierige Nebeneinander von Porträtbild und journalistischem Reportagefoto einerseits und Dokumentarmaterial von Film und Fernsehen andererseits auf eine ästhetisch außergewöhnlich gelungene Weise zu bewältigen. Er hat Jupp Darchingers eigene Aussagen ingeniös verknüpft mit dem Lob und der Anerkennung der abgebildeten Personen. Und er hat sich klug ferngehalten vom Bonner Polit-Jargon, so dass seine Reportage, die eigentlich ein Dokumentarfilm ist, auch für ein weniger politisiertes Publikum attraktiv und verständlich wird.