Autorinnen Rosemarie Mieder und Gislinde Schwarz und Regisseurin Sabine Ranzinger. MDR
Begründung der Jury
Berichtet wird über einen – übrigens von Eugen Kogon bestätigten – Sonderbau im Konzentrationslager Buchenwald: Ein Häftlingsbordell. Erzählt wird von einer Insassin, die inzwischen nicht mehr lebt, und einem Besucher, was damals wirklich geschah, weshalb dies geschehen konnte und wie sich Jahrzehnte später Erinnerung, Darstellung und Bewältigung des Erlebten ereignen können:
Reduziert auf das Mitteilbare, frei von Spektakulärem. Frei von Mitleidsattitüden und Revanchelust. Diese Produktion zeichnet auf, sie zeichnet nach. Mit Originaltonmaterial, dessen technische Verfallszeit offen benannt wird, mit der Rekonstruktion der Inhalte von Augenzeugenberichten und durch eine behutsame und einfühlsame Regie und ihre Entscheidung für die Besetzung der Sprecherparts. Nichts ist gekünstelt, nichts wird falsch dramatisiert. Auf deklamatorisches Pathos als Nachempfindung von Originalstimmen und Originalstimmung hat die Regisseurin verzichtet. Geradezu bestürzend zeigt diese Sendung:
Es gab Zeiten in Deutschland, in denen der Stempel „asozial“ leichtfertig und mutwillig, inhuman und verbrecherisch Menschen aufgeprägt wurde, die keine Chance zur Gegenwehr hatten.
Diese Sendung bricht keine historischen Tabus. Sie bricht gegenwärtige Tabus: Unter diesen vor allem das Tabu des „Es-reicht-jetzt-allmählich-man-muss-endlich-einen-Schlussstrich-ziehen“.
Diese Sendung des Mitteldeutschen Rundfunks ist nicht gefällig, sie ist nicht harmonisch: und das ist gut so. Denn der öffentlich-rechtliche Rundfunk als Produzent beweist mit solchen Produktionen, dass er die Funktion eines kulturellen, sozialen und politischen Gedächtnisses einer Gesellschaft ernst nimmt. Und dass er solches hervorragend zu produzieren versteht.